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Unsere Soldaten unerwünscht

Von Johannes von Dohnányi und Marcel Odermatt | 02:39 | 24.05.2009

Die Schweiz will sich an der Piratenjagd beteiligen. Doch ihre Spezialkräfte sind auf deutschen Schiffen unerwünscht.

Am Mittwoch hat der Bundesrat die Vorlage zur Beteiligung von Schweizer Soldaten an der europäischen Antipiratenoperation «Atalanta» verabschiedet. Jetzt müssen National- und Ständerat in der Herbstsession entscheiden, ob die Armee vor der Küste Somalias Dienst leisten darf. Das Verteidigungsdepartement (VBS) will nach Angaben seines Sprechers Martin Bühler 30 Elitesoldaten des Aufklärungsdetachements 10 (ADD10) «auf die Schiffe einer befreundeten Nation» entsenden: «Diese Profis sind für diesen Einsatz vorgesehen und vorbereitet.»

Beim Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam (D) hat dieser Entscheid allerdings wenig Freude ausgelöst. Hier laufen die Befehlsstränge für die deutschen Kriegsschiffe zusammen, die im Rahmen von «Atalanta» im Einsatz sind. Das VBS hat auf Drängen von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey (62) bereits vor Monaten um die Stationierung des Schweizer Kontingents auf diesen Schiffen gebeten.

«Nichts gegen die ADD10-Männer», sagt Fregattenkapitän Roland Vogler-Wander (43). «Ich kenne die Schweizer Kameraden als hervorragend ausgebildete Soldaten. Um ihre Ausrüstung werden sie von vielen beneidet.» Bloss: «Bei ‹Atalanta› können wir sie nicht gebrauchen. Dort sind sie fehl am Platz.»

Der Einsatz im Golf von Aden ist eine Verteidigungsoperation. Die multinationale Kriegsflotte soll die Piraten abschrecken. Weil weder das Mandat der EU noch die Einsatzpläne der US Navy und anderer in der Region operierenden Verbände das Entern gekaperter Schiffe vorsehen, braucht es laut Vogler-Wander keine Sondereinsatz­kräfte: «Einfache Infanteristen, die am Gewehr ausgebildet wurden, sind mehr als ausreichend.»

Als Beweis nennt der Offizier den Piratenangriff auf das Marineversorgungsschiff Spessart am 29. März. Mit mehreren Feuerstössen vertrieben die an Bord stationierten wehrpflichtigen Infanteriesoldaten die Angreifer. Wenig später verhafteten sie die Piraten. «Ein typischer Einsatz», sagt Vogler-Wander. «Kein Fall für Spezialkräfte.»

Enter-Operationen gehören, wie ein ehemaliger Commander der britischen Eliteeinheit Special Boat Service erklärt, zum Schwierigsten überhaupt: «Zur Ausbildung guter Enterteams braucht es jahrelanges hartes Training und eine Seefahrer­tradition.» Die Schweiz, stellt der Brite nüchtern fest, «ist ein Gebirgsland im Herzen Europas und keine Marinenation.» Nautische Karten, Seefahrersprache und das «natürliche Gefühl für ein Schiff» gehörten nicht zum «kulturellen Erbe» der Schweizer Soldaten. «Ich zumindest will nicht etwa auf einem Gastanker sein, der von einem ADD10-Team befreit werden soll.»

Die Skepis gegenüber den Schweizer Soldaten ist entsprechend gross. «Der Einsatz des ADD10 im Rahmen von ‹Atalanta› wäre für die Operation mehr Risiko als Gewinn», heisst es daher im deutschen Einsatzführungskommando in Potsdam.

Jeder andere Schweizer Beitrag zur Operation «Atalanta» wäre dagegen hoch willkommen. «Wir brauchen dringend Ärzte, Logistiker und Computerspezialisten.» Auch Geld würden die Piratenjäger nehmen. Am liebsten aber, sagt Vogler-Wander, «hätten wir Transportflugzeuge, Hubschrauber und Piloten».

Im Ernstfall, geben die deutschen Militärs offen zu, würde die Bundesmarine zuerst den eigenen und erst dann einem bedrohten Schweizer Schiff zu Hilfe eilen. Aber auch zu dieser Frage, wie zu allen anderen Details, gibt es auf Anfragen in der VBS-Zentrale nur eine Antwort: «Kein Kommen­tar.»

Die Zurückhaltung hat einen Grund: Während Calmy-Rey um jeden Preis Soldaten an der unter EU-Führung stehenden Operation teilnehmen lassen will, möchte VBS-Chef Ueli Maurer (58) am liebsten gar keine Soldaten an den Golf von Aden entsenden. Denn Maurer weiss: Seine SVP-Basis will diesen Einsatz nicht.

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